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345 Tage buchkauffrei – Und du dachtest, es wäre Liebe (Buch 35)

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345-113Dieses Buch war auf der Buchmesse in diesem Jahr echt eine Zufallsentdeckung. Eigentlich spricht mich der Titel “Wie meine Internet-Liebe zum Albtraum wurde” von Victoria Schwartz gar nicht an, auch das Cover finde ich nicht unbedingt toll, und neugierig machte mich zuerst nur, dass Sascha Lobo das Vorwort geschrieben hatte. Nachdem ich aber mal reingelesen hatte, war mir klar, dass ich dieses Buch lesen will.
Es klappte dann bereits auf der Heimfahrt im Zug. Die Fahrt war lang genug für die ersten 250 Seiten, und dann war das Buch auch gar nicht mehr so lang. ;)

Das Buch erzählt vom Phänomen der Realfakes, übrigens ein Begriff, den die Autorin selbst geprägt hat. Ich habe damit Gott sei Dank keine eigenen Erfahrungen, aber ich habe durch Zufall Anfang des Jahres manchmal eine Fernsehsendung namens “Catfish” gesehen (gut, “gesehen” ist zu viel gesagt, ich habe mal reingezappt), die sich mit demselben Phänomen beschäftigt. Daran habe ich aber am Anfang gar nicht gedacht, sondern ich dachte an Lottie Moggachs Roman “Kiss Me First“,. den ich 2014 las und liebte. In dem Roman geht es um eine junge Frau, die das Leben einer anderen Frau online weiterführt und dazu alles faket, was man faken kann.
Dass es sowas auch in der Realität gibt, war mir klar, aber ich hatte noch nie weiter darüber nachgedacht.

Victoria Schwartz, eine junge Frau, alleinerziehende Mutter, die sich im Internet gut auskennt, über Twitter soziale Kontakte zu vielen Menschen pflegt und die auch offline über ein gutes soziales Netzwerk verfügt, lernt eines Tages einen Mann im Netz kennen. Dies ist ja weiter nicht ungewöhnlich, und zunächst ist der Kontakt harmlos. Sie schreiben einander öfter belanglose, lustige Nachrichten, kommen sich dann aber immer näher und Kai gesteht Victoria bald schon, dass er starke Gefühle für sie hat.
Leider ist Kai gerade auf Jamaika und Victoria ist in Deutschland, ein Treffen ist also unmöglich. Aber die beiden skypen (wenn auch ohne Webcam), schreiben viel, vernetzen sich an allen möglichen Stellen im Internet, online lernt Victoria auch Freunde von Kai kennen.
Nur zu einem Treffen kommt es nie, auch dann nicht, als Kai wieder in Deutschland ist. Victoria hat sich mittlerweile total in ihn verliebt, sie will ihn unbedingt sehen, aber immer kommt ihrem Traummann kurzfristig was dazwischen, oder er taucht kurz vorher plötzlich ab und ist gar nicht mehr zu erreichen. Die emotionale Achterbahnfahrt ist für Victoria unerträglich, aber sie schafft es einfach nicht, sich von Kai zu lösen, denn dann ist er immer wieder so liebevoll zu ihr, schickt ihr Geschenke, schwört ihr seine Liebe.

Doch irgendwann lässt sich nicht mehr leugnen, dass mit Kai irgendwas nicht stimmt. Die schönen und romantischen Zeiten sind vorbei, diese Onlinebeziehung kostet Victoria unendlich viel Kraft und Energie. Sie beschließt, dass sie unbedingt die Wahrheit erfahren muss, und dass die Gewissheit, was los ist, in jedem Fall besser ist, als weiter mit der Lüge zu leben.
Und dann stürzt das Kartenhaus zusammen – Victoria muss erfahren, dass es Kai überhaupt nicht gibt. Kai nicht, seine Familie und seine Freunde nicht. Alles Fake. In einem Ausmaß, das unglaublich erscheint, und das Victoria den Entschluss fassen lässt, ihre Geschichte öffentlich zu machen und andere zu warnen, was ihnen im Internet passieren kann, auch wenn sie noch so vorsichtig sind.

Die Geschichte wird sehr spannend erzählt und ich habe das Buch nur aus der Hand gelegt, weil ich es auf einer Zugfahrt gelesen habe und irgendwann eben aussteigen musste. Ich war schockiert darüber, wozu Menschen fähig sind, und was hinter der Geschichte der Autorin alles steckt.
Immer noch hält sich hartnäckig das Gerücht, dass nur naive und eventuell dumme Menschen auf Realfakes hereinfallen. Aber online jemanden kennenzulernen, ist heute nicht mehr unbedingt ungewöhnlich, und ich konnte verstehen, warum Victoria keinen Verdacht schöpfte, sondern vielmehr sehr lange die Augen vor der Wahrheit verschließen wollte.

Das Buch ist Autobiographie und Sachbuch, mit einem zweiten Teil, in dem die Autorin über die verschiedenen Formen der Fakes im Internet informiert, und in dem sie eine Psychologin interviewt um zu ergründen, was in Menschen vorgeht, die Anderen so etwas antun. Machen kann man bei sowas nämlich selten etwas, denn eine falsche Identität vorzutäuschen, ist ja noch keine Straftat. Dass mit solchen Menschen aber etwas nicht stimmt, ist wohl unbenommen.

Ich fand das Buch hochinteressant und sehr spannend. Es öffnet einem auch die Augen dafür, im Internet doch noch mal wachsamer zu sein, als man es sonst vielleicht manchmal ist. Ich empfehle die Website der Autorin für einen ersten Eindruck, und natürlich dieses Buch. Mich wird es jedenfalls noch eine ganze Weile beschäftigen.



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